Die Entnazifizierung 1945

Im Mai 1945 wurde im Künstlerhaus die erste Liste von Künstlern mit bekannter “antifaschistischer Einstellung” für das Kulturamt zusammengestellt; hauptsächlich um für sie diverse Erleichterungen, wie Schwerarbeiter-Lebensmittelkarten und sonstiges zu erreichen. Weitere ähnliche und ausführlichere Listen folgten in den kommenden Wochen. Man war vorerst bemüht das nackte Überleben zu sichern. Erst am 21. Juni und am 10. Juli 1945 wurden die ersten sieben “Nazis” aus der Mitgliederliste gestrichen, ihre Streichung wurde durch das “Interesse des Hauses” begründet:

Blauensteiner Leopold
Ilz Erwin
Janesch Albert
Löffler Berthold
Kammerer Marcell
Revy Heinrich und
Thiede Oskar

Die Streichung war zwar schon zwei Monate nach dem Ende des „Dritten Reiches“, aber doch noch vor dem staatlichen Verbotsgesetz vom 31. Juli 1945. Dass man mit der Streichung belasteter Kollegen wartete, hatte nicht nur mit der bis dahin ungeklärten gesetzlichen Lage zu tun. Keinem der ordentlichen Mitglieder, obwohl seinerzeit fanatisiert oder Opportunist, konnten irgendwelche politisch motivierten Schandtaten oder sogar Verbrechen vorgeworfen werden.
Aufgrund des Verfassungsgesetzes vom 31. Juli 1945 mussten weitere 30 ordentliche Mitglieder, die nach dem Buchstaben des Gesetzes als belastet aufschienen, ungeachtet ihrer Persönlichkeit und ihres Ansehens aus der Mitgliederliste gestrichen werden. Bei der Durchsicht der Liste ging man neben den eigenen Erfahrungen hauptsächlich nach den Angaben der Künstler vor, die sie nach dem Anschluss 1938 anlässlich ihrer Anmeldungen in die RKK selbst gemacht hatten. Vor allem wollte man keine sogenannten Illegalen im Haus lassen. Es handelte sich um:

Andri Ferdinand
Angerhofer Robert
Böttger Rudolf
Bröckl Emil
Cech Johannes
Eigenberger Robert
Dimmel Herbert
Eisenmenger Rudolf Hermann
Frank Leo
Frank Hans
Frass Wilhelm
Greyer Ernst
Grienauer Edwin
Hartig Arnold
Haybach Rudolf
Hecke Artur
Hofner Otto
Klaus Reinhold
Kutschera Hermann
Milan Alfred
Ozlberger Ekke
Popp Alexander
Rezac Johann
Schachinger Hans
Stoitzner Siegfried
Streit Robert
Velim Anton
Wettach Reinhard
Wilke Karl Alexander
Windhager Franz

Nicht gestrichen wurde Wilhelm Dachauer, obwohl man ihm sogar die illegale Betätigung nachsagte. Tatsächlich war Dachauer aber nie illegaler Parteigenosse gewesen; unbestritten war dafür seine – nicht strafbare – deutschnationale Gesinnung; schon nach 1900 war er Mitglied des Deutschen Turnerbundes.1 In diesem Zusammenhang interessant zu lesen sind die Ansichten eines der Ausschussmitglieder der österreichischen Widerstandsgruppe 05, des Malers Erhard Amadeus-Dier, die er am 30. Oktober 1947 schriftlich niederlegte.2 Amadeus-Dier war gegen “nazigebärdende” Kollegen, die “die Goschn gehabt hatten”. Auf der anderen Seite stand er aber auf dem Standpunkt, dass ein Künstler immer produktiv zu denken hat, sei es um das Beste zu leisten, oder – wie zur Nazizeit – die allgemeine Kulturlage zu beeinflussen, eigene Kultur zu retten und das eigene Vaterland Österreich erst recht zu betonen und würdig zu vertreten. So beurteilte er positiv den Maler Rudolf Hermann Eisenmenger, obwohl dieser ein “hervorragender” Nazi war. Als Beispiel der negativ zu wertenden Kunst nannte er den Münchner Maler Hubert Lanzinger, den Schöpfer des bekannten Hitlerporträts von 1937 “Der Bannerträger”. Entscheidend für jede Beurteilung sollten die menschlichen Charaktereigenschaften jedes einzelnen bleiben. Die von Eisenmenger waren einwandfrei. Die Namen der als belastet angesehenen Künstler wurden am 29. Oktober 1945 aus der Adressenkartei entfernt.