Die sozialen Hilfsaktionen der Nachkriegszeit fielen für die Mitglieder weit bescheidener aus, als die nach dem Ersten Weltkrieg. Ganz Europa war diesmal zerstört; allgemeiner Mangel war keine Ausnahme, sondern die Regel. Ende Mai 1945 legte das Künstlerhaus die ersten Mitgliederlisten zur Lebensmittelausgabe nach den für Schwerarbeiter festgesetzten Normen dem Kulturamt vor.
Künstlerische Arbeitsbeschaffungsprogramme, die vom Künstlerhaus dem Kulturamt vorgeschlagen wurden, blieben meist unerledigt, so etwa ein Vorschlag zur Errichtung eines Gedenkzimmers im historischen Museum der Stadt Wien mit Gemälden der zerstörten Stadt und Bildnissen der wichtigsten alliierten Offiziere. Auch beim Wiederaufbau wurden die Künstler nicht ihrem Können entsprechend herangezogen, es gab kein Geld dafür. Kein Echo brachten Anträge des Künstlerhauses bei der „Schweizer Intellektuellen Hilfe“ vom Februar 1946 sowie beim Schwedischen Konsulat um die „Schwedenhilfe“. Schweden wurde damals um Bildhauerwerkzeuge gebeten. Die Wiener städtischen Straßenbahnen bat man um Sperrholz- und Holzfaserplatten, die sich bisher statt des Glases in den Waggonfensterrahmen befanden. Das Kulturamt bekam Listen des dringend benötigten Materials.
Im Herbst 1946 gelang es aus der Steiermark eine größere Menge von Äpfeln zu bekommen und fast gleichzeitig auch eine Anzahl Bezugsscheine für Mäntel, Anzüge und Schuhe zu erwerben, die noch im Frühjahr 1947 verteilt wurden. Um Hilfe gebeten wurden die Organisationene: Cooperative for American Remittances to Europe Inc. Care, War Relief Services-National Catholic Welfare Conference sowie die Quaker-Hilfe; im Jänner 1947 wurde im Künstlerhaus Lebertran an ältere Kollegen verteilt, im Mai Lebensmittel aus einer Spende der italienischen Künstlervereinigung Bell Artisti aus Triest. Im Frühjahr 1948 konnten weitere Arbeitsmäntel verteilt werden, im Juni aus einer amerikanischen Spende Zucker.
Abbildung 403. Zusatz-Lebensmittelkarten vom 26. April 1948. (Wurden vom Maler Georg Pevetz nicht verbraucht.)
404. Zusatz-Lebensmittelkarten vom 26. April 1948 (bestimmt gewesen für Architekt Otto Prutscher).
405. Zusatzkarte für Lebensmittel vom 15. August 1949 (bestimmt gewesen für Maler Leopold Hauer).
Obwohl noch eine große Anzahl von Kollegen mit ernsten Existenzschwierigkeiten zu kämpfen hatte, vor allem die Älteren, begann man sich langsam auch für andere Dinge zu interessieren. 1948 waren es auch schon die Verleihungen von Professor-Titeln; reine Ehrenangelegenheiten, die nur bestätigen sollten, dass der Staat von den Ausgezeichneten Notiz genommen hat. Den Anlass zu Anträgen dieser Art gab das 80jährige Bestandjubiläum des Künstlerhauses.
Nach und nach begann man auch Anträge für neue Ehrenpensionen zu stellen, auch wenn sie nur ausnahmsweise positiv erledigt wurden. Nach wie vor stellte aber das Künstlerhaus Listen für Zusatzlebensmittelkarten zusammen, und nach wie vor herrschte großer Mangel an Bekleidung. Im Frühjahr 1950 gelang es dem Künstlerhaus durch Vermittlung von Ing. Karl Christen, den man anlässlich einer Ausstellung 1947 in Stockholm kennenlernte, eine größere Hilfsaktion aus Schweden zu starten. Die Ausstellung 1947 brachte einen Gewinn von 40 000 Schwedenkronen, aus dem Lebensmittel angekauft und in Wien kollegial mit anderen Künstlervereinigungen geteilt wurden. 1950 wurden auf Initiative des Künstlerhauses durch Ing. Christen zwei Tonnen abgelegte Kleider angesammelt. Auch sie kamen allen Künstlervereinigungen zugute.1
Etwa 1950 begann wieder eine Weihnachtspaketaktion des Bundesministeriums für Unterricht, die über mehrere Jahre lief und den bedürftigsten Mitgliedern zugute kam. Die entsprechenden Namenslisten stellte das Künstlerhaus zusammen. 1953 befanden sich in einem solchen Weihnachtspaket 2 kg Butter, 2 kg Trockenmilch und 1 kg Zucker.
Im Dezember 1955 und den Folgejahren wurden Lebensmittel aus amerikanischer Überschussproduktion verteilt, meist Fette, immerhin noch an fünfzig Künstler. Im Juni 1956 kamen Trockenmilch, Käse, Butter, Baumwollkernöl, Butteröl und Bohnen zur Verteilung. Das Künstlerhaus übernahm Großpackungen, die im Haus verteilt und an einzelne Mitglieder ausgegeben wurden; im Oktober waren es 72, davon 58 verheiratet und mit Kindern.
Außerdem gelang es in mehreren Fällen, außerordentliche staatliche Geldzuwendungen zu bekommen – die eigenen Fonds waren inzwischen auf ein Minimum geschrumpft. Noch 1968 erhielten vom Bundesministerium für Unterricht 13 Mitglieder laufende Förderungsprämien von etwa 600 bis 2000 Schilling monatlich, acht Witwen eine Pension von 600 Schilling monatlich. Von der Gemeinde Wien erhielten acht Mitglieder Geldzuwendungen von 1250 bis 2390 Schilling, sechs Witwen zwischen 970 bis 2390 Schilling monatlich. Die Niederösterreichische Landesregierung unterstützte ein Mitglied mit tausend Schilling monatlich.2