Briefmarken

Die kleinsten, gleichzeitig aber auflagenstärksten Publikationen über das Künstlerhaus gab nicht die Gesellschaft selbst heraus, sondern die Österreichische Postverwaltung: die Briefmarken. Die erste Briefmarkenserie, die im direkten Zusammenhang mit dem Künstlerhaus stand, erschien 1947; eine insgesamt zehn Marken umfassende Wohltätigkeitsausgabe zugunsten der bildenden Künstler Österreichs. Anlass war die “Erste große österreichische Kunstausstellung” im Künstlerhaus.

Der Rede des Präsidenten Karl M. May in der Hauptversammlung am 9. Juni 1947 nach entstand die Idee einer Briefmarkenserie fast gleichzeitig mit der Ausstellung. Aus politischen Überlegungen war es unmöglich, nur das Wohlergehen eines einzigen Künstlervereins zu propagieren, man musste im Interesse der gesamten österreichischen Künstlerschaft sprechen, wie übrigens auch die gesamte Ausstellung konzipiert worden war. Demzufolge liefen beide Unternehmen unter der Bezeichnung “Berufsvereinigung der bildenden Künstler”; das Künstlerhaus, obwohl Initiator der Briefmarkenserie, stand im Hintergrund.

Aus dem öffentlich ausgeschriebenen Wettbewerb ging das Künstlerhausmitglied Ernst Schrom siegreich hervor; er entwarf alle zehn Marken. Die Stiche führten dann andere Künstler aus, darunter Heribert T. Schimek und Hubert Woyty-Wimmer. Das Erscheinen der Serie war lange Zeit ungewiss. Es bedurfte vieler Besprechungen und Interventionen des Künstlerhauses, bis der Ministerrat die Briefmarkenserie bewilligte und sie am 20. Juni 1947 erscheinen konnte.

Was den Ertrag der Hilfsaktion betraf – zu den nominalen Werten wurden Zuschläge eingehoben – so gingen die Vorstellungen, Wünsche und dann das tatsächlich erreichte weit auseinander. Trotzdem war man für die im Herbst 1947, trotz der offensichtlichen Benachteiligung des Künstlerhauses, überwiesenen 80 000 Schilling sehr froh. Sowohl die Secession, als auch die Zedlitzhalle erhielten aus dem Gesamterlös von 960 000 Schilling damals wesentlich mehr, obwohl beide Gebäude ohnehin im Eigentum der Gemeinde waren.1

Die Auflage betrug eine Million Sätze:

  • 3 + 2 Groschen, braun: “Corvinus-Becher”,
  • 8 + 2 ” grün: “Raphael Donner, Brunnenfigur Providentia”,
  • 10 + 5 ” lilakarmin: “Jakob Prandtauer, Stift Melk”,
  • 12 + 8 ” schwarzviolett: “Ferdinand G. Waldmüller, Gattin von Dr. B.”,
  • 18 + 12 ” gelbbraun: “Ferdinand G. Waldmüller, Kinder am Fenster”,
  • 20 + 10 ” violettbraun: “Lukas von Hildebrandt, schmiedeeisernes Tor zum Oberen Belvedere”,
  • 30 + 10 ” dunkelgrün: “Nymphe im Schloßpark von Schönbrunn”,
  • 35 + 15 ” karmin: “Fischer von Erlach, Nationalbibliothek”,
  • 48 + 12 ” purpur: “Werkstatt des Kupferstechers Ernst R.”,
  • 60 + 20 ” dunkelblau: “Friedrich Amerling, Mädchen mit dem Strohhut”

Schon während dieser Briefmarkenaktion zugunsten der bildenden Künstler bekam Präsident Karl M. May die Idee, aus Anlass des kommenden 80jährigen Künstlerhausjubiläums den nahezu aussichtslosen Versuch zu unternehmen, bei der Postdirektion neuerlich um eine Briefmarkenserie anzusuchen. Wider jedes Erwarten wurde dieses Ansuchen dem Ministerrat jedoch vorgeschlagen und von ihm auch bewilligt. Trotz aller Quertreibereien – hielten es doch die außerhalb des Künstlerhauses stehenden Künstler als für selbstverständlich, dass der Erlös wie 1947 auch jetzt nach einem fragwürdigen Schlüssel unter allen Künstlern aufgeteilt würde – gelang es dem Vermögensberater Generaldirektor Karl Weninger und dem Präsidenten den Großteil des Erlöses diesmal für das Künstlerhaus sicherzustellen.

Geholfen hatte, wie übrigens auch 1947, die Fähigkeit des Künstlerhauses, sofort nach der Bewilligung bereits fertige Entwürfe vorzulegen. Der diesbezügliche Wettbewerb wurde am 22. Juli 1947 ausgeschrieben. Aus sechs Einsendungen wurden die Entwürfe von Wilhelm Dachauer, Ernst Schrom und Hans Strohofer der Postdirektion vorgelegt. Die Postdirektion wählte zur Ausführung die Serie von Ernst Schrom. Die Stiche fertigten Ferdinand Lorber, Hans Ranzoni d. J., Heribert T. Schimek und Hubert Woyty-Wimmer. Diesmal handelte es sich um sieben Werte, wieder mit einem besonderen Zuschlag zugunsten der Künstler. Auf der dunkelgrünen Zwanzig-Groschen Marke wurde die Künstlerhausfassade abgebildet, die übrigen Marken zeigten Künstlerporträts. Am 15. Juni 1948 erschien die Serie mit einer Auflage von 480 000 Sätzen:

  • 20 + 10 Groschen, dunkelgrün: “Das Wiener Künstlerhaus”
  • 30 + 15 ” schwarzbraun: “Hans Makart”
  • 40 + 20 ” schwarzblau: “Carl Kundmann”
  • 50 + 25 ” schwarzlila: “August Sicard v. Sicardsburg”
  • 60 + 30 ” karminrot: “Hans Canon”
  • 1.00 + 50 ” dunkelblau: “William Unger”
  • 1.40 + 70 ” braunkarmin: “Friedrich Frhr. v. Schmidt” (Die Platte dieser Marke wies bei einigen Drucken am Zeigefinger und Zirkel des dargestellten Architekten einen Fehler auf, wodurch diese Marke heute um das Doppelte gehandelt wird.)

Vom Gesamterlös 1 056 000 Schilling erhielt das Künstlerhaus am 20. Dezember 1948 den Vorschuss von 450 000 Schilling. Weitere Raten gingen später ein. Sämtliche Gelder wurden zur Deckung der unvorhergesehen gestiegenen Baukosten des Kinos verwendet.

Am 31. Oktober 1952 versuchte Karl M. May um eine neue Briefmarkenserie zugunsten des Künstlerhauses anzusuchen. Als Hauptargument diente dem Präsidenten die große Steuerlast der Gesellschaft: im Kalenderjahr 1951 betrugen die Steuern und Abgaben des Künstlerhauses 830 000 Schilling, während vom Staat und der Gemeinde lediglich 80 000 öS als Subventionen zurückflossen.

Wie man im Künstlerhaus aus einem Brief des Bundesministeriums für Verkehr und verstaatlichte Betriebe, genauer der Generaldirektion für die Post- und Telegraphenverwaltung, vom 17. November 1952 mit Befriedigung erfuhr, genehmigte der Bundesminister die Herausgabe auch dieser Briefmarkenserie. Ihre Herstellung wurde jedoch im Hinblick auf andere dringlichere Markenausgaben vorläufig zurückgestellt. Diese Zurückstellung dauerte dann allerdings bis 1961.2 Am 22. April 1960 suchte Präsident Rudolf Heinz Keppel bei demselben Minister Dipl. Ing. Karl Waldbrunner um die Verwirklichung der bereits versprochenen Briefmarkenserie an: im nächsten Jahr wollte man die hundertjährige Dauer der Gesellschaft feiern. Keppel betonte vor allem die Werbewirksamkeit solcher Sondermarken, erst in zweiter Linie erwähnte er den zu erwartenden Erlös zugunsten der bildenden Künstler.

Minister Waldbrunner antwortete am 27. Mai 1960, sogar mit einem persönlichen Brief. Die Ausgabe einer Briefmarkenserie zum Anlass des Künstlerhausjubiläums 1961 mit vier Werten wurde von der Postverwaltung angenommen, allerdings ohne den gewünschten Zuschlag zugunsten der Gesellschaft. Trotzdem war man im Künstlerhaus zufrieden. Die ersten Entwürfe von Adalbert Pilch lehnte die Post ab, hat sie dann aber doch, anscheinend umgearbeitet, laut ihrem Schreiben vom 24. Jänner 1961 angenommen. Ausgewählt wurden vier Motive nach Gemälden berühmter Künstlerhausmitglieder:

  • 1.- rot: “Albin Egger-Lienz, Der Bergmäher”,
  • 1,50.- dunkelblau: “August von Pettenkofen, Der Kuß”,3
  • 3.- grün: “Anton Romako, Mädchenbildnis”,
  • 5.- hellblau: “Hans Makart, Die Figur der Ariadne aus dem Triumph der Ariadne”. Bei einigen Drucken hat die Ariadne einen doppelten Nabel, was in Sammlerkreisen sofort zur Wertsteigerung führte.

Die Auflage betrug drei Millionen Sätze, den Stich besorgte Rudolf Toth. Den von der Generaldirektion herausgegebenen Begleittext schrieb Walter M. Neuwirth.

Am 4. April 1961 genehmigte die Generalpostdirektion anlässlich der Jubiläumsausstellung im Künstlerhaus ein Sonderpostamt mit einem Sonderstempel. Das Postamt arbeitete vom 12. bis zum 24. Juni 1961, am ersten Tag von 8.00 bis 18.00 Uhr, an folgenden von 10.00 bis 18.00 Uhr. Alle mit dem Postamt verbundenden Kosten trug die Gesellschaft (Gehälter, Pauschalgebühr, Herstellung von acht Stempeln etc.).4

Die Marken erweckten sowohl beim Publikum, als auch in der Presse Anerkennung. Nur dem Präsidenten des “Bundes Deutscher Philatelisten e.V.”, Konsul Deninger gefielen sie nicht: “Die Marken von Österreich 100 Jahre Künstlerhaus sind genau das, was ich für unmöglich halte. Ich glaube, daß eine Briefmarke in erster Linie ein Postwertzeichen sein sollte und die Künstlerhausmarken sind Bildchen…”5

Gegen diese Formulierung gab es in der österreichischen Presse mehrere Proteststimmen.6 Auch heute, nach einem Abstand von mehreren Dezennien, kann man die deutsche Kritik nicht verstehen. Die deutschen Briefmarken gehören wahrlich nicht zu den schönsten der Welt.

Am 8. Mai 1967 schrieb Präsident Karl Kupsky an den ihm persönlich bekannten Generaldirektor für die Post- und Telegraphenverwaltung Dr. Benno Schaginger einen Brief, in dem er wieder einmal um eine Briefmarke bat. Einen Anlass gab es ja: die vor hundert Jahren erfolgte Fertigstellung und Eröffnung des Künstlerhauses. Der Brief war allerdings etwas unglücklich formuliert, Kupsky schrieb ein “Ansuchen um Bewilligung einer Sonderpostmarke anläßlich der hundertsten Wiederkehr der Eröffnung der ersten Frühjahrsausstellung des Künstlerhauses im Jahre 1868″ – was eigentlich auch gar nicht stimmte. Trotzdem war Generaldirektor Schaginger mit der Herausgabe einer Marke einverstanden. Eine Serie – die Kupsky gar nicht verlangt hatte – lehnte er im Hinblick auf die Serien der Vergangenheit ab. Mit einer Wettbewerbsauschreibung war er einverstanden, behielt sich aber vor, unabhängig von der Entscheidung der Künstlerhausjury selbst zu bestimmen, ob und welcher Entwurf tatsächlich ausgeführt wird.

Am Wettbewerb nahmen fünf Graphiker teil, die zwölf Arbeiten eingeschickt hatten. Die Jury wählte am 6. November 1967 einen Entwurf von Hans Ranzoni d. J. zum Sieger, den zweiten Platz errang Josef Quittan, den dritten Hermann Kosel. Am 15. November 1967 überreichte Präsident Kupsky die preisgekrönten Entwürfe persönlich dem Generaldirektor.

Am 28. November 1967 lehnte Schaginger brieflich die Herausgabe einer Künstlerhausmarke plötzlich überhaupt ab. Als Grund führte er an, dass alle drei Entwürfe das Haus im Karlsplatz zum Thema hätten, ein Thema, das bereits verwendet wurde. Darüber hinaus lehnte er ab, ein Gebäude abzubilden, das von den Künstlern selbst kaum geschätzt und vor kurzem sogar abgebrochen werden sollte. Für die Ausarbeitung anderer Motive über die Gesellschaft fehlte es nun an Zeit. Dieser, eindeutig politisch motivierte Bescheid rief im Ausschuss begreifliche Aufregung hervor und wurde zu einer persönlichen Blamage für Kupsky. Ansuchen um Revision des negativen Bescheides nützten nichts, am 12. Dezember 1967 bekräftigte Generaldirektor Schaginger seinen Standpunkt. Die Postverwaltung fühlte sich nicht mehr in der Lage eine weitere Marke zu den Künstlerhausjubiläen herauszugeben. Was diesen Meinungsumschwung verursacht hatte, wurde dem Künstlerhaus nicht mitgeteilt.7

Seitdem hat sich die Gesellschaft um keine Sonderbriefmarken mehr bemüht. Die 1988 anlässlich der Biedermeier-Ausstellung erschienene Vierschilling-Marke war eine Initiative des Historischen Museums der Stadt Wien: “Ausstellung in Wien, Bürgersinn und Aufbegehren, Biedermeier u. Vormärz in Wien”, Gemäldemotiv, Entwurf und Stich W. Pfeiler.

Nur einen Stempel bekam man noch, und zwar anlässlich der Kunstmesse K 45 – Kunst nach 1945 – im Februar 1977. Der Ersttagstempel trug das Datum 19.2.1977, Postamt 1150 Wien.8 Dazu gab es im Künstlerhaus ein Sonderpostamt.

nach oben