Die Kunstsammlungen

Die Genossenschaft besaß außer den Stifterbildnissen und der Präsidentengalerie noch zahlreiche weitere Kunstwerke und kunstgewerbliche Gegenstände aller Art. Dieser Bestand, öfters auch als “Künstlerhaus-Galerie” bezeichnet, entstand durch Schenkungen, Legate, gezielte Ankäufe, aus sozialen Überlegungen erteilte Aufträge und nicht zuletzt auch durch die zu Ausstellungen eingesandten und nach dem Ende der Ausstellung nicht mehr abgeholten Werke. Der Umfang der Galerie variierte im Laufe der Zeit sehr stark: das Künstlerhaus betrachtete sich nie als ein Museum und so wurden diese Werke je nach augenblicklichem Bedarf wieder verkauft oder verschenkt. Ende des Zweiten Weltkriegs kam es außerdem zu unerwarteten Verlusten durch Plünderungen.

Die Haussammlung wurde im Gegensatz zu öffentlichen Galerien nie als eine Bildungsstätte betrachtet. Die Kunstwerke befanden sich meist in den Depots. Nur ein geringer Teil wurde zum Dekorieren der Hausräume, des Sekretariats, des Präsidentenzimmers, der Sitzungssäle, des Casinos und des Restaurants verwendet. Der Leitende Ausschuss der Genossenschaft hatte nur drei Aufgaben der Galerie vor Augen:

  • soziale Funktion durch Ankäufe und Aufträge bei bedürftigen Kollegen
  • Dokumentation des Schaffens einzelner Mitglieder
  • und erst zuletzt auch als langfristige Wertanlage

Die ersten eigenen Kunstwerke besaßen bereits sowohl der “Albrecht Dürer Verein”, wie auch die “Eintracht”. Nach der Übersiedlung ins Künstlerhaus brachte den ersten großen Zuwachs die 1869 übernommene Verlassenschaft des Biedermeiermalers Johann Mathias Ranftls, während die in den Wandtäfelungen des alten Albrecht Dürer Saals auf der Laimgrube eingelassenen großen historischen Gemälde an Ort und Stelle verblieben waren.1 Ranftl war, erst fünfzig Jahre alt, bereits am 1. November 1854 an Cholera in Wien verstorben; sein einziger Sohn Gustav, ein Techniker, folgte ihm in den Tod im November 1867. Die Witwe des Malers, die schon nach dem Tod ihres Mannes alle Lebensfreude verlor, verfiel durch den Tod des geliebten Sohnes in unüberwindliche Melancholie und erlag ihr – sie hat sich vergiftet – am 3. Mai 1869 in Wien IV., Waaggasse 5. Sie war 58 Jahre alt.2

Nachdem Aloisia Ranftl schon aus dem Vermögen des verstorbenen Sohnes eine “Techniker-Stiftung des Gustav Ranftl, absolvierten Technikers” errichtet hatte, widmete sie nun in ihrem am 28. Oktober 1868 unterzeichneten Testament die gesamte Ateliereinrichtung und den künstlerischen Nachlass ihres Mannes der Genossenschaft. Das Künstlerhaus war am 1. September 1868 feierlich eröffnet worden. Ganz Wien sprach in diesen Tagen von nichts anderem und so konnte dieses Ereignis auch an Aloisia Ranftl nicht spurlos vorübergehen.

Die Verlassenschaft bestand nach dem am 19. Mai 1869 aufgenommenen Inventar aus 15 Ölgemälden und etwa 700 Aquarellen und Zeichnungen Ranftls sowie weiteren 20 Gemälden fremder Künstler, darunter von Josef Danhauser und Franz Anton Maulbertsch, Mappen mit 200 Stahlstichen und Radierungen Wiener und englischer Künstler sowie 77 Rembrandt-Radierungen. Im Atelier Ranftls gab es weiter eine komplette Rüstung, acht Hellebarden, zwei Mandolinen, 40 Krüge und Humpen, 17 Schüsseln und Teller sowie einen alten Kerzen-Glasluster. Interessanterweise im Inventar nicht speziell angeführt waren zwei Renaissance-Truhen und ein Schrank, die ebenfalls aus diesem Nachlass stammten und die im Künstlerhausinventar von 1889 bereits als solche bezeichnet wurden. So kann angenommen werden, dass es auch weiteres Mobiliar gab, das man im Gegensatz zu den Kunstwerken als relativ wertlos ansah und deshalb gar nicht inventarisiert hatte.

Die Gemälde und Aquarelle Ranftls wurden in der Folge im Künstlerhaus öfters ausgestellt, zum ersten Mal gleich nach der Übernahme im Juni 1869. Weitere Kollektionen präsentierte man in den retrospektiven historischen Ausstellungen wie etwa 1898. 1922 wurden die Studien und Skizzen Ranftls im Rahmen der Aquarellisten-Ausstellung in der Absicht gezeigt, “durch Einreihung in entsprechende Ausstellungen dem Publikum das reiche künstlerische Studium dahingeschiedener Kollegen vorzuführen”3.

In den zwanziger Jahren begannen die ersten durch finanzielle Notlage des Vereins begründeten Verkäufe aus der Haussammlung. Dabei verlor das Künstlerhaus aus Unehrlichkeit des Kunsthändlers Hermann Fromme das Ölgemälde Ranftls: “Die Flüchtenden” (laufende Mutter mit Kindern, links im Hintergrund ein brennendes Dorf). Fromme hatte das Bild 1931 zum kommissionellen Verkauf übernommen, das Bild auch verkauft, dem Künstlerhaus jedoch nie bezahlt. Am 13. März 1933 verübte er Selbstmord.

1954 und 1956 wurden unter politischem Druck mehrere Skizzen Ranftls dem Niederösterreichischen Landesmuseum übergeben bzw. verkauft4; und 1962 dem Historischen Museum der Stadt Wien. Mit dem Verkauf des Maulbertsch’schen Plafondgemäldes “Maria Himmelfahrt” aus Ranftls Nachlass an die Österreichische Galerie sanierte man 1971 das Künstlerhaus-Kino.5

Der dem Künstlerhaus gewidmete Teil des Ranftl’schen Nachlasses wurde 1869 nicht einmal auf zwei Tausend Gulden geschätzt. Heute wäre dieser Nachlass, worunter sich auch ein vierstöckiges Zinshaus auf der Wieden befand, um ein vielfaches mehr wert. Um 1980 begann Präsident Hans Mayr die Rembrandt-Radierungen in Wanderausstellungen um die ganze Welt zu schicken.

Die Verlassenschaft Ranftls blieb, trotz zahlreicher weiterer bedeutender Legate an die Genossenschaft, wie etwa der Witwe Friedrich Amerlings, wiederverheiratete Gräfin Marie Hoyos 1914 (890 000 Kronen) oder des Malers Alois H. Schram 1919 (680 000 Kronen), der einzige Bestand, der im Künstlerhaus als solcher bis vor kurzem geschlossen aufbewahrt wurde. Alle anderen Verlassenschaften wurden meist sofort unter den Kollegen verteilt oder versteigert und dienten zur Gründung bzw. Ergänzung der bestehenden sozialen Fonds. Unter den Mitgliedern wurden üblicherweise vor allem Verbrauchsmaterialien wie Leinwände, Rahmen, Werkzeuge, Farben, Lithographiesteine verteilt oder an sie verkauft, aber auch brauchbare, teilweise sehr wertvolle Ateliereinrichtungen und antike Möbel.

Der erste Gedanke eines systematischen Galerieaufbaus ist aus dem Jahr 1871 dokumentiert.6 Damals wollte man sogar ein Komitee zum Ankauf von Kunstwerken bilden. 1874 wurden nach einem Vorschlag des Malers Ferdinand Laufberger die Genossenschaftsmitglieder um ihre Werke zur Dokumentation ihres Schaffens gebeten.7 Diese Idee einer Dokumentation des Mitgliederschaffens fiel damals auf fruchtbaren Boden, zahlreiche Widmungen folgten. Gewidmet wurden daneben aber auch rein dekorative Gegenstände für das Haus, wie etwa 1879 die Büsten des Kaiserpaares von V. O. Tilgner. Diese künstlerisch wertvollen Arbeiten wurden anschließend nicht nur in den Hausausstellungen verwendet, sondern auch im Ausland, wie z. B. 1883 in Amsterdam.8 Im April 1877 schenkte Hans Makart dem Casino ein Plafondgemälde, im Dezember 1883 Carl Lafite – ebenfalls für das Casino – ein Porträt.9

Manche Spenden ergänzten mehr das Hausinventar: 1901 widmete der Maler Victor Hutschenreiter dem Künstlerhaus testamentarisch seine Waffensammlung, die bei Gschnasfesten Verwendung fand10 und im März 1902 vor der Eröffnung der Jahresausstellung der Stifter Fritz Dobner von Dobenau eine Kaiserstandarte.11 Weitere Widmungen sollten das Andenken an einzelne Künstler bzw. Mäzene bewahren: die Künstler widmeten ihre Selbstbildnisse; andere Porträts und Büsten kamen von den Familienangehörigen. 1932 widmete Margareta Königswarter die Büste ihres Schwiegervaters Moritz Freiherr von Königswarter von Victor O. Tilgner, fast gleichzeitig widmete Paula Ender die Büste ihres Vaters Eduard Ender von Edgar Böhm; 1944 Therese Schachner die Büste Hugo Darnauts von Heinrich Scholz.12

Viele der in der Hausgalerie befindlichen Kunstwerke wurden über diverse Fonds aus sozialen Überlegungen angekauft. Sie haben über einen momentanen Engpass im Budget mancher Künstler geholfen, ohne den Betreffenden durch Almosen oder Subventionen zu erniedrigen. 1889 wurde zum ersten Mal den Mitgliedern auch die Möglichkeit gegeben, ihre Jahresbeiträge durch Kunstwerke zu begleichen.13

Der Gedanke des Dokumentierens des Mitgliederschaffens wurde zeitweise vergessen und dann wieder von neuem entdeckt und neu beschlossen. Nach Ferdinand Laufberger war es 1922 der Maler Albert Janesch, der in der Hauptversammlung vom 27. April 1922 für Widmungen je einer Originalstudie jedes Mitglieds plädierte.

1930 kaufte die Schützengilde in der Jahresausstellung zwei Werke von Ludwig H. Jungnickel und widmete sie der Genossenschaft “zur Gründung einer Galerie”.14 1943 wurden zur Dokumentation aller Mitglieder sogar 14 000 RM für Ankäufe zur Verfügung gestellt, ohne einen Bezug zu ihrer sozialen Bedürftigkeit.15 Angekauft wurden damals auch Werke bereits verstorbener Mitglieder, wie von Friedrich König. Anscheinend wurde die ursprünglich vorgesehene Summe vom Staat noch erhöht, da man ohne viel Nachzudenken für ein einziges Bild von Carl Moll 5000 RM auszugeben bereit war. Diese Ankäufe gingen sogar noch tief bis in den letzten Kriegswinter 1944/1945. Einer der letzten Ankäufe – Paul Meissner – hatte allerdings bereits auch einen sozialen Hintergrund: Meissner war an der Front und seiner Familie wurde damals sogar mehr bezahlt, als das der Gesellschaft übergebene Bild wert war. Es sollte nach dem Krieg durch eine repräsentativere Arbeit Meissners umgetauscht werden, doch dazu kam es dann nie mehr, obwohl Paul Meissner den Krieg überlebt hatte und im Künstlerhaus wieder verkehrte.

Im April 1946 wollte man im Künstlerhaus diese Ankäufe fortsetzen. Den katastrophalen Zeitumständen entsprechend standen diesmal jedoch soziale Überlegungen im Vordergrund.16 Wegen des allgemeinen Geldmangels konnten allerdings nur einige wenige Werke aus der Ausstellung “80 Jahre Künstlerhaus” 1948 angekauft werden. Einige rein soziale Ankäufe – Rudolf Holzinger, Walter Gamerith – folgten 1950.17

Eine besondere Art der Dokumentation sollte nach der Rede des Präsidenten Karl M. May in der Monatsversammlung vom 20. Jänner 1948 entstehen: einige Mitglieder hatten von sich gegenseitig Karikaturen gezeichnet, nun sollte diese Karikaturengalerie auf die gesamte Mitgliederschaft ausgedehnt werden. Diese witzige Idee wurde, wie manch andere, nicht realisiert.18 Im Frühjahr 1966 wollte der Archivar Prof. Dr. Walter Maria Neuwirth zu Dokumentationszwecken die Hausgalerie fortführen. Das Echo auf seine Aufrufe war jedoch gering, ebenso von 1968 und 1973.19 Nur wenige Mitglieder schickten einige Graphiken ein.

Einen großen Teil der Hausgalerie bildeten die zu Ausstellungszwecken eingeschickten und dann nie mehr abgeholten Werke. Es ist interessant zu beobachten, wie wenig vielen Künstlern an ihrer Arbeit liegt bzw. wie sich ihr Wertmaßstab plötzlich ändert. Vor einer Ausstellung ist so manches Kunstwerk unbezahlbar; nach einer Juryablehnung oder nach einer subjektiv erfolglos empfundenen Ausstellung wird das unverkauft gebliebene Kunstwerk plötzlich für dessen Schöpfer auch materiell uninteressant.

Schon von der ersten Ausstellung im Herbst 1868 blieben im Künstlerhaus Werke liegen, mit denen man letzten Endes nichts anderes anzufangen wusste, als sie in den Hausdepots weiter zu belassen. Hatte ein Künstler eine feste Adresse, war der Fall noch einfach: man schickte ihm seine Werke per Post oder per Dienstmann zu. Doch war ein Künstler auf Reisen, wurde die Angelegenheit schon schwieriger. Manche von ihnen baten die Genossenschaft um Geduld, andere wollten ihre Arbeiten zu weiteren Ausstellungen vom Künstlerhaus aus direkt einschicken. Die meisten Künstler, deren Arbeiten nach einer Ausstellung im Künstlerhaus solcherart provisorisch liegen geblieben waren, kümmerten sich aber auch später um sie nicht mehr. Da nutzten keine Mahnungen, keine Drohungen, die Werke blieben im Künstlerhaus.

Schon im Dezember 1879, also nur elf Jahre nach der Hauseröffnung, waren die Hausdepots solcherart überfüllt. Ein damals verschicktes Rundschreiben verkündete, dass vom 1. Jänner 1880 an für alle fremden Werke Lagerzinsen und Versicherungsprämien berechnet werden.20 Es nützte kaum etwas.

Da man mit finanziellen Forderungen bei den Künstlern keinen Erfolg hatte, begann man die Haftung der Genossenschaft abzulehnen. Auch dies half nichts. Dem Bildhauer Karl Sterrer wurde am 10. Jänner 1887 und dem Bildhauer Robert Trimmel am 24. Jänner 1887 gedroht, ihre Gipsfiguren ins Freie zu stellen, wenn sie nicht abgeholt werden. Nach 1891 ließ man von jedem Aussteller gleich eine Erklärung unterschreiben, wonach die Haftung der Genossenschaft mit dem Ausstellungsende erlosch. Wie wenig alle diese Aktionen wirkten, zeigt etwa ein Vermerk vom 12. Juli 1893: “Philipp Kaiser hat sein gerolltes im Künstlerhaus seit April 1878 befindliches Bild heute abgeholt”. 1899 wurde ein Bild des italienischen Malers Esposito vom Zoll als verfallen erklärt, nachdem es dort seit 1894 ohne jede Nachricht lag.

1925 verfiel man auf ein radikales, wenn auch rechtlich umstrittenes Mittel. Alle im Künstlerhaus deponierten Werke wurden kurzerhand zum Eigentum der Genossenschaft erklärt, solange man keinen Gegenbeweis erbrachte. Alle Werke sollten inventarisiert und als Hauseigentum abgestempelt werden.21 Dies geschah vorerst nicht.

Zum ersten Mal wurde von einem Inventar der Kunstwerke in der Ausschusssitzung am 15. Dezember 1883 gesprochen, das erste im Künstlerhausarchiv erhaltene Inventar stammt von 1889. Neben dem Ranftlnachlass und der Stifterbildnisse beinhaltet es manche interessanten Kunstwerke; wesentlich interessanter sind aber ihre Schätzungen. Als das teuerste damals vorhandene Bild wurde ein Aquarell von Rudolf von Alt geschätzt: “Der Konstantinbogen im Kolosseum von Rom” – 1500 fl. Das Aquarell wurde im Oktober 1873 durch die Genossenschaft von Alt aus sozialen Überlegungen um tausend Gulden angekauft; es sollte damals unter den Stiftern verlost werden. Im Februar 1919 wurde es schließlich als “Titusbogen” im Dorotheum versteigert.22

Als zweitteuerstes Bild wurde 1889 mit tausend Gulden die Gebirgslandschaft von Adolf Obermüllner geschätzt. Diese Widmung der Künstlervereinigung Hesperus hing im Stiftersaal des ersten Stockes. Auch dieses Bild ist im Künstlerhaus nicht mehr vorhanden. Es wurde 1978 vom Präsidenten Hans Mayr einem Rechtsanwalt für die Durchführung des Ausgleichs, in den die Gesellschaft damals schlitterte, gewidmet.23

Die Porträts “Kaiser Franz Josef” und “Kaiserin Elisabeth” von J. M. Aigner wurden mit je 600 fl. beziffert, die “Reitenden Ungarn auf der Puszta” auf zehn Gulden – wahrscheinlich nur deshalb, da man vergessen hatte, dass sie von Mihaly Munkacsy stammten. Als teuerste Plastiken wurden die Statuen an der Fassade mit je 6000 fl. angesehen; mit 1200 fl. folgte die Bronzebüste “Führich” von Victor Tilgner. Diese Büste wurde 1875 im Auftrag der Genossenschaft geschaffen und 1935 als Leihgabe der Österreichischen Galerie im Belvedere überlassen, wo sie sich bis heute befindet.24 Weitere Bronzebüsten, “Amerling” von Salomon Beer, “Waldmüller” von Eugen Felix und “Marie Amerling” von Johannes Benk wurden auf je 1000 fl. geschätzt.

Äußerst merkwürdig war die Schätzung der Werke von J. M. Ranftl. Sein Ölgemälde “Doge und Dogaresa” wurde nur auf 60 fl. geschätzt, “Ranftls Frau” auf 25 fl., die Kassette mit Rembrandtradierungen auf 80 fl., das Deckengemälde von Maulbertsch “Maria Himmelfahrt” auf fünf(!) Gulden. Das im Vestibül vor dem Treppenhaus eingebaut gewesene Deckengemälde von A. Groll wurde mit 200 fl., das im Casino befindliche Deckengemälde Hans Makarts mit 1000 fl. bewertet. Ein im Casino stehender Bösendorfer-Flügel wurde auf 300 fl. geschätzt, eine Sonderanfertigung dieser angesehenen Firma; auf den gleichen Betrag auch der große altdeutsche „Ranftl-Kasten“ (bereits so bezeichnet).25

Die inventarisierten Objekte wurden lange Zeit höchstens durch handgeschriebene Ziffern gekennzeichnet; die ersten Klebeetiketten und Stempeln der Hausgalerie wurden erst 1943 mit folgendem Text angeschafft: “Galerie des Künstlerhauses, Inv. Nr…, aufgenommen am …”. Bis dahin stempelte man praktisch nur die als Leihgaben das Künstlerhaus zeitweise verlassenden Werke mit “Eigentum Künstlerhaus Wien”, “Eigentum des Künstlerhauses” bzw. “Bibliothek Künstlerhaus Wien”.

Im strengen Gegensatz zu diesem doch eher lockeren Umgang mit den hauseigenen Werken wurden von Anfang an alle zu den Ausstellungen eingeschickten Kunstwerke sorgfältigst aufgenommen. Alle Werke, mit Ausnahme von Medaillen oder Graphiken, bekamen einen etwa vier mal sechs Zentimeter großen Klebezettel aus Farbpapier (grün, rot, blau), stets mit zwei Zahlen: dem Jahr und der fortlaufenden Einlaufnummer. Diese Einlaufnummer konnte ein- bis vierstellig sein. Ihnen entsprachen Eintragungen in den großen „Einlaufbüchern der Kunstwerke“. Solche Eintragungen beinhalteten meist folgende Daten: die Einlaufnummer, die Technik (Öl, Aquarell, Gips, Bronze,…), der Name des Künstlers (oft auch mit seiner Adresse), der Gegenstand / Titel des Werkes, der Preis – wobei es einen Versicherungswert unverkäuflicher Werke, einen Katalogpreis und einen Vertrauenspreis (Preis, bis zu dem der verkaufende Sekretär dem Kunden nachgeben konnte) gab – , das Datum der Einsendung (wurde oft nicht ausgefüllt), beim Verkauf der Name des Käufers, der tatsächliche Verkaufspreis, der Einsender oder Eigentümer des Werkes, der Name des Abholenden und der Tag des Ausgangs. Schließlich gab es noch weitere heute nicht mehr so wichtige Anmerkungen, wie die Nummer der Kiste, der sonstigen Belege oder Hinweise auf weitere Ausstellungen.

Eingetragen wurde damals jedes Kunstwerk, das die Schwelle des Künstlerhauses zum Zweck einer Ausstellung überschritten hatte; erst dann sortierte die Jury die wirklich ausstellungswürdigen Werke aus. So kann man aus dem Vorhandensein einer Etikette nicht auf das tatsächlich “Ausgestelltwerden” zurückschließen, was auch aus dem Einlaufbuch nicht so ohne weiteres hervorgeht. Nur das Ausgangsdatum kann ein Indiz sein; Vergleiche mit den Katalogen oder – wenn kein Katalog gedruckt wurde – mit den Ausstellungsakten sind notwendig. Die Zahl der von den Jurys ausgeschiedenen Werke ist groß, oft mehr als die Hälfte aller eingesandten Arbeiten. Das Wissen um die Etiketten ist im Laufe der Zeit fast verloren gegangen; erst in den letzten Jahren wurde durch Forschungen des Archivars die Bedeutung dieser kleinen Zettel vom Kunsthandel wieder entdeckt. Allerdings unterscheiden nur die seriösen Kunsthändler zwischen eingeschickt und ausgestellt; meist genügt ihnen allein das Vorhandensein der Etikette. Sie ist wichtig, sie gleicht zusammen mit dem Auszug aus dem Einlaufbuch einer Kunstexpertise, da viele Kunstwerke nur monogrammiert oder gar nicht signiert sind.

Die Nummer der Etikette gleicht in der Regel bis heute der im Einlaufbuch eingeführten. Zeitgenössische Umrahmungen oder Überarbeitungen kommen zwar auch vor, fast ausschließlich jedoch vom gleichen Künstler und relativ selten. Erst in der letzten Zeit tauchen im Handel auch – bisher leicht entlarvbare – Fälschungen auf. Die Einlaufbücher und die Klebezetteln wurden von 1868 bis 1968 geführt, also genau hundert Jahre. Erst dann wurde durch die sich veränderte Ausstellungsstruktur des Hauses das immer öfters durch fremde Großaustellungen belegt wird, sowie durch das Auflassen der wettbewerbsfördernden und informierenden Jahresausstellungen von dieser Evidenzart leider abgegangen.

Um die tatsächlich ausgestellt gewesenen Werke von den durch die Jury abgelehnten zu unterscheiden, wollte man 1925 die ausgeschiedenen mit zusätzlichen Stempeln bezeichnen; doch dies hätte nur zusätzliche Arbeit bedeutet und es wäre auch mit einer sichtbaren Abwertung des betreffenden Werkes gleichzusetzen. So wurde diese Idee bald wieder fallengelassen.

Wie bereits erwähnt, verminderte sich die Hausgalerie auch durch Schenkungen oder gelegentliche Verkäufe an bestimmte Interessenten. So wurde es nach dem Zusammenbruch der Monarchie zur allgemeinen Gewohnheit, verdienten, ehrenamtlich wirkenden Funktionären durch Widmungen von Zeichnungen aus der Hausgalerie für ihren selbstlosen Einsatz zu danken. Ähnlich belohnt wurden damals auch Mitarbeiter der Gschnasfeste.26 1931 wurde zum ersten Mal versucht, offene Handwerker-Rechnungen durch Kunstwerke zu bezahlen, allerdings mit geringem Erfolg.27 1939 wollte man einige Werke zugunsten der Casinorenovierung verkaufen. Es wurde damals auch vorgeschlagen, sich “vom wertlosen” überhaupt zu trennen und nur “wahre” Kunstwerke zu behalten.28

Im Sommer 1939 erhielt der in die Reichskammer übernommene Altpräsident der Genossenschaft Leopold Blauensteiner eine aus knapp hundert Zeichnungen bestehende Ehrengabe. Es ging dabei nicht um Werke der Hausgalerie, sondern um Widmungen einzelner Kollegen, natürlich meist aus der Malersektion und von Architekten.29 1986 bot ein Kunstsammler dem Künstlerhaus diese Kassette zum Kauf oder Tausch an; aus diesem Kontakt entwickelten sich weitere Verhandlungen, die schließlich zum Abverkauf des Großteils der Hausgalerie an diesen Sammler führten. Die Kassette war insofern interessant, da sie einen Querschnitt des Mitgliederschaffens jener Jahre vermittelte; außerdem waren darin auch manche, später sich gerne als Widerstandskämpfer bezeichnenden Künstler mit dabei.30 Die Kassette wurde mit einem Zitat von Adolf Hitler eingeleitet: “Kraft und Schönheit sind die Fanfaren dieses Zeitalters. Klarheit und Logik beherrschen das Streben. Wer in diesem Jahrhundert aber Künstler sein will, muss sich auch diesem Jahrhundert weihen. Für kulturelle Neandertaler ist im 20. Jahrhundert kein Platz, jedenfalls kein Platz im nationalsozialistischen Deutschland.”

Ihre Arbeiten widmeten dem Landesleiter der Reichskammer der bildenden Künste Prof. Leopold Blauensteiner, sei es aus altfreundschaftlichen oder auch neuen politisch-opportunistischen Beweggründen folgende Künstler:

  • Rudolf Böttger
  • Karl Borschke
  • Alfred Buchta
  • Alfred Coßmann
  • Adolf Curry
  • Constantin Damianos
  • Herbert Dimmel
  • Viktor Eckhardt
  • Rudolf Hermann Eisenmenger (machte auch den Kassettentitel)
  • Hans Frank
  • Leo Frank
  • Max Frey
  • Johann Nep. Geller (Wachaustädtchen mit Hakenkreuzfahnen)
  • Raimund Germela (braune Uniformträger am Naschmarkt)
  • Remigius Geyling
  • Alexander D. Goltz
  • Vinzenz Gorgon
  • Alfons Graber
  • Ernst Graner
  • Oswald Grill
  • Sigmund Walter Hampel
  • Arnold Hartig
  • Leopold Hauer
  • Max Hegele (Gedenkstein Wien 14, Holzweberplatz)
  • Hermann Heller
  • Adolf Helmberger
  • Otto Hofner
  • Rudolf Holzinger
  • Emil Hoppe
  • Hans Hübl
  • Albert Janesch
  • Josef Jungwirth
  • Rudolf Junk (Exlibris mit Hakenkreuz)
  • Anton Kaiser
  • Carl Kaiser-Herbst
  • Marcel Kammerer
  • Anton H. Karlinsky
  • Anton Karlinsky jun.
  • Gotlieb Th. Kempf
  • Anton Kenner
  • Reinhold Klaus
  • Josef Köpf
  • Heinrich Krause
  • Franz Karl Krauss
  • Bruno Lauterbach
  • Wilhelm Legler
  • Thomas Leitner
  • Bertold Löffler
  • Ferdinand Lorber
  • Hans Maßmann
  • Ludwig Michalek
  • Ferdinand Michl
  • Erich Miller
  • Josef Müllner
  • Max Neuböck
  • Hugo Noske
  • Otto Nowak (Haus Schottenfeldgasse Nr. 82 mit Hakenkreuzfahne)
  • Ferdinand Opitz
  • Ekke Ozlberger
  • Andreas Patzelt
  • Georg Pevetz
  • Hans Pfann
  • Viktor Pipal
  • Igo Pötsch
  • Karl Ludwig Prinz
  • Erich Probst
  • Erwin Puchinger
  • Hans Ranzoni
  • Hans Ranzoni d. J.
  • Josef Fr. Riedl
  • Alexander Rothaug
  • Othmar Ruzicka
  • Hans Schachinger
  • Leopold Schmid
  • Karl Scholz
  • Albert Schreyer
  • Josef Schuster
  • Karl M. Schuster
  • Stefan Simoni
  • Hans Stalzer
  • Eduard Stella
  • Josef Straka
  • Robert Streit
  • Hans Strohofer
  • Egge Sturm-Skrla
  • Max Supantschitsch
  • Richard Teschner
  • Ernst Michael Wagner
  • Julius Wegerer
  • Franz X. Weidinger
  • Franz Windhager
  • Hans Witt
  • Wilhelm Wodnansky
  • Karl Zecho
  • Fritz Zerritsch
  • Rudolf Zyka

Die bereits einige Male angeregte und besprochene Sortierung der hauseigenen Kunstwerke nach ihrem materiellen Wert wurde erst im Jänner 1944 tatsächlich vorgenommen; als minderwertig ausgeschieden wurden damals 27 Werke. Anlass war die Verlagerung der Kunstwerke für die Kriegsdauer.31 Die Selektion führten Rudolf H. Eisenmenger, Erwin Ilz, Vinzenz Gorgon, Herbert Dimmel, Leopold Hauer, Rudolf Schmidt, Alfred Gerstenbrand und Oswald Roux durch. Beurteilt wurde nach dem äußerst problematischen künstlerischen Wert und ob die Werke signiert oder anonym waren.

Inwieweit diese “künstlerische” Beurteilung irreführen kann, zeigt ein Vorfall aus dem Jahr 1948. Die große Alpengebirgslandschaft Adolf Obermüllners hing nach wie vor im alten Stiftersaal (Ranftlzimmer) oberhalb des Kamins. Der zu dieser Zeit am Kinobau arbeitende Architekt Alfons Hetmanek bezeichnete es eines Tages als eine minderwertige Kopie nach Ruysdael und er hätte bereits einen Käufer dafür. Vom Erlös könnten wieder andere Werke junger Künstler angeschafft werden. Die Ausstellungskommission war mit diesem Vorschlag einverstanden; nicht jedoch der Leitende Ausschuss. Nachdem das Werk als minderwertig bezeichnet wurde, hätte auch sein Verkauf den “jungen Künstlern” wenig gebracht.32

1956 begann man mit der ersten dokumentierten radikalen “Entrümpelung” des Hauskellers und des Souterrains. Diese “Entrümpelungsaktion” zog sich dann in mehreren Wellen über viele Jahre; so unter Präsidenten Karl Kupsky und vor allem Hans Mayr. Endgültig beendet wurde sie jedoch nie, immer wieder sammelt sich Neues an. Neben diversem Ausstellungsmaterial sollten 1956 auch “verstaubte Gipsfiguren wegkommen”, die jedoch nicht näher bezeichnet wurden. Vielleicht handelte es sich um jene von Johannes Schilling, die seinerzeit das Stiegenhaus geschmückt hatten. 1958 wollte man viele Bilder “an einen Kunsthändler abstoßen” und wenige wertvolle Gemälde an Mitglieder zum übermalen, also als Leinwände, abgeben. 1960 stand der Verkauf eines Polenlusters aus dem Stiftersaal zur Debatte, der jedoch unterblieb. Unterblieben ist damals auch ein geplanter Verkauf von Ranftlzeichnungen nach München.33

Im Jänner 1966 wurden nach einer Initiative Leopold Schmids alle Keller vom Leitenden Ausschuss besichtigt. Dabei wurden weitere Verkäufe, z. B. der vielen vorhandenen alten goldenen Rahmen um je zehn Schilling sowie auch vieler Kunstwerke, beschlossen. Dieser Verkauf konnte durch den Archivar Prof. Dr. Walter Maria Neuwirth zum Großteil verhindert werden, ja im Gegenteil, Neuwirth schlug sogar die Reaktivierung der alten Hausgalerie vor.34

Doch es gelang nicht alles zu retten: besonders schmerzlich muss der Verlust von zwei im Rahmen der “Entrümpelung” gefundenen Kisten mit japanischen Puppen, ehemaligen Damenspenden eines Gschnasballes, bezeichnet werden, die ohne ein einziges Belegexemplar zurückzubehalten, einer Weihnachtsaktion der Tageszeitung Kurier von Frau Generalsekretär Inge Zimmer-Lehmann gespendet wurden.35 Die neuen Besitzer haben keine Ahnung von der Herkunft der Puppen.

1968 begann Prof. Dr. Walter M. Neuwirth mit einem Helfer, dem ungarischen Flüchtling Dr. Miklos Szalay, die Kunstsammlungen zu inventarisieren. Beide bemühten sich die im ganzen Haus verstreuten Sammlungen sowie das Archiv in einige wenige Räume zusammenzutragen.36 Die Arbeiten wurden später von seinem Nachfolger fortgesetzt. Im Zusammenhang mit dem Ausgleich der Gesellschaft Ende der siebziger Jahre wurden die gesamten, nun übersichtlich geordneten, leicht zugänglichen Haussammlungen im Rahmen hochdotierter Forschungsaufträge durch Frau Dr. Almut Krapf-Weiler, Mag. Astrid Gmeiner und Dr. Heribert R. Hutter neu aufgenommen und inventarisiert.

1987 wurden die Kunstwerke von dem stimmungsvollen und schönen alten Depot im Souterrain in den tiefer liegenden zweiten Keller verlegt und das ehemalige Depot der daneben liegenden Tischlerwerkstätte angegliedert. 1985 gab es für kurze Zeit zum ersten Mal in der Hausgeschichte für die Kunstsammlungen einen eigenen, vollbeschäftigten Kustos: Frau Dr. Marta Stamenov. Sie nahm die Werke neuerlich auf, führte auch ihre Bewertungen durch. Nur wenige Jahre später wurde der gesamte bedeutendere Kunstbestand des Künstlerhauses verkauft. Eigentlich ein Skandal, den aber die damalige Künstlerhausleitung als solchen nicht ansah. Die erzielten Erlöse wurden zur Finanzierung des laufenden Hausbetriebs verwendet.

Bis zu diesem Ausverkauf erlitt die Haussammlung die größten Verluste nur am Ende des Zweiten Weltkriegs und da eigentlich nur durch einen unglücklichen Zufall: Wien wurde ab dem Sommer 1943 wegen der zunehmenden Luftangriffe der Alliierten als gefährdetes Gebiet angesehen. An den Einmarsch fremder Armeen nach Österreich dachte noch niemand. So wollte man wertvollere Dinge durch ihren Abtransport auf das weniger gefährdete Land geschützt wissen. Die größte Verlagerungsaktion der Wiener Kunstgeschichte begann. Neben Museen, Galerien, Archiven und Privatsammlungen waren davon auch die Bestände des Künstlerhauses betroffen. Wie sich später herausstellen sollte, wäre es besser gewesen sie im Künstlerhaus zu belassen, wo ihnen nichts geschehen wäre. Doch das konnte man im Voraus nicht wissen – das Gebäude der Secession etwa wurde gegen Kriegsende schwer beschädigt.

Im September 1943 bot sich die Möglichkeit, die hauseigenen Kunstwerke im Schloss Thürnthal bei Kirchberg am Wagram, an der Bahnlinie Stockerau-Krems gelegen, sowie im Schloss Steyersberg in der Buckligen Welt, in einiger Entfernung von Neunkirchen, unterzubringen. Im Laufe weiterer Verhandlungen befand man Schloss Albrechtsberg bei Loosdorf östlich von Melk als ein geeigneteres Ausweichquartier. Im Künstlerhaus wurden vor dem Verpacken der Werke noch Listen und Schätzungen gemacht. Am 27. Dezember 1943 ging der erste Transport nach Albrechtsberg durch die Spedition Intercontinentale, einem Spediteur des Kunsthändlers und Organisators der Bergung August Eymer ab. Eymer war auch derjenige, der die Schätzung – völlig kostenlos – für das Künstlerhaus machte. Gleichzeitig gingen auch mehrere Kisten mit Privateigentum einzelner Mitglieder nach Albrechtsberg mit.

Im Februar 1944 ergab sich die Möglichkeit einer weiteren Bergungsaktion im Schloss Wallsee. Dorthin wurden die wichtigsten Archivteile und vor allem weiteres Eigentum der Mitglieder geschickt. Dieser Transport war am 28. April 1944 in Wallsee eingelangt, durchgeführt wurde er vom Reichsarchiv Wien. Beide Bergungen I. und II., waren bei der Danubia-Gesellschaft gegen Feuer und Einbruch versichert, nicht jedoch gegen Kriegseinwirkungen.

Nach diesen zwei großen Bergungsaktionen mussten ab Februar 1944 noch weitere Maßnahmen zur Sicherung “von Werten und des Arbeitsgutes” getroffen werden. Alle nicht täglich benötigten Akten wurden im eigenen Keller untergebracht, von vielen Durchschläge angefertigt und in weiteren Ausweichstellen deponiert: im Tresor der Girozentrale, in Baden, in Retz, in Klosterneuburg (Hermannstraße 12, ehemaliges Rumpler-Atelier), in Hetzendorf.37 57 Kartons mit 75 Rembrandtradierungen sowie 49 Kartons mit Ranftlzeichnungen wurden im Keller der Albertina untergebracht, später in den Bergungstresor Am Hof übersiedelt. Diese Blätter wurden am 18. Mai 1946 vom Künstlerhaus in Ordnung wieder zurückübernommen.

Am 25. September 1944 wurde das Makartdeckengemälde, 3,06 x 3,16 m groß, zur Bergung auf eine Walze aufgerollt und im Keller der Akademie der bildenden Künste am Schillerplatz 3 deponiert. Mitte Jänner 1945 kamen noch vier Kisten mit Secessionskatalogen, Ver Sacrum und Lithographien der Secessionsmitglieder hinzu. Auch diese Sachen kamen nach Kriegsende unbeschädigt zurück.

In Wallsee, einem Schloss des Erzherzogs Theodor Salvator von Österreich, wurden im Raum 18 im zweiten Stock vor allem Archivalien untergebracht: Statuten der Genossenschaft vom 29. April 1861, Statuten des Albrecht Dürer Vereins, diverse Glückwunschadressen, Diplome und Adressen, der Holzstich “Schlußsteinlegung” von V. Katzler, zwei Lichtbilder des “ersten Spatenstiches”, das Gedenkbuch der Besucher der Künstlerhausbaustelle, eine Kassette mit Hammer und Kelle der Schlusssteinlegung vom 1. September 1868 sowie die Feder, mit der Kaiser Franz Josef die Stiftungsurkunde unterzeichnete. Nach Wallsee kamen außerdem 65 Kisten mit Bildern und Zeichnungen von Hermann Vinzenz Heller, Frau Felicitas Wallner, Plastiken von Carl Wollek aus dem Besitz Frau Nate Wollek, Bilder von Alfred Buchta, Karl Maria Schuster, Othmar Ruzicka, Thomas Leitner, Ernst Greyer, Artur Brusenbauch, Richard Harlfinger, Wilhelm Dachauer, Rudolf Holzinger, Bruno Lauterbach, Emil Beischläger, Hermann Grom-Rottmayer, Carl Moll, Robert Streit, Walter Gamerith, Albert Janesch, Eduard Freiherr Handel-Mazzetti und Josef Jungwirth. Weiters noch Bilder aus dem Besitz von Frau Friede C. Mayer, Bücher und Bilder von Josef Schilhab und Franz Hubert Matuschek sowie Bilder und Teppiche des Bildhauers Josef Bock. Auch diverses Geschirr aus dem Besitz des Malers Erwin Puchinger und Archivbestände der Wiener Exlibris-Gesellschaft sowie einige Bilder der Secession wurden dorthin gebracht.

Obwohl Wallsee durch die folgenden Ereignisse von Wien aus kaum zu erreichen war, man dort deshalb keine Kontrollbesuche machen konnte und im Schloss selbst durch acht Tage die Rote Armee einquartiert gewesen war, kam es dort zu keinen Schäden. Das gesamte Bergungsgut gelangte in einwandfreiem Zustand und vollzählig um den 20. März 1946 wieder im Künstlerhaus ein; den Transport führte ein Autozug der Wiener Speditionsfirma Neusser & Co. durch.

Die im Schloss Albrechtsberg bei Melk eingelagerten Kunstwerke und Archivalien kamen hingegen nicht retour. Dabei gingen nach Albrechtsberg sogar mehrere Transporte: dem ersten vom 27. Dezember 1943 folgten die letzten im Jänner und im März 1945; genaue Aufzeichnungen gab es nur beim ersten, noch in relativer Ruhe durchgeführten Transport. Die ersten 17 Kisten aus dem Künstlerhaus wurden im ersten Stock des Schlosses untergebracht, wahrscheinlich auch die folgenden. Schloss Albrechtsberg ist ein alter, großer, festungsähnlicher Bau auf einem Hügel, unweit von kleineren Ortschaften gelegen und die dort lagernden Werte konnten als sicher gelten. Trotzdem gab es im Sommer 1944 diesbezüglich die ersten Zweifel; der Direktor des Stadtarchivs von St. Pölten, dessen Bestände sich ebenfalls in Albrechtsberg befanden, suchte jedenfalls im Juli 1944 nach anderen Verlagerungsmöglichkeiten. Der Abtransport von Albrechtsberg scheiterte wahrscheinlich nur wegen akutem Mangel an Lastkraftwägen.

Der damalige Besitzer von Albrechtsberg war der den Nationalsozialisten nahestehende Prinz Karl Anton Rohan. Diese Tatsache wurde damals überhaupt nicht wahrgenommen bzw. nicht für wichtig gehalten. Und doch spielte gerade sie kurze Zeit später die entscheidende Rolle. Das Kunstgut ist nicht durch Kriegseinwirkung, also direkte Kampfhandlungen, sondern erst nach Kriegsende, nach der Besetzung des Schlosses durch die Rote Armee vernichtet worden. Es kann nicht nur mit einem reinen Zufall erklärt werden, dass es Orte gab, wo die sowjetischen Soldaten alles vernichtet hatten auf was sie stießen und Orte, wo sie überhaupt nichts anrührten. Gerade entlang der Donau wird dieses Phänomen deutlich: Albrechtsberg, Besitz eines Nationalsozialisten, wird geplündert; Artstetten, Schloss des von den Nationalsozialisten in ein Konzentrationslager deportierten Herzogs Max Hohenberg bleibt unangetastet. Das weiter westwärts liegende Persenbeug, Schloss des ebenfalls verfolgten Erzherzogs Hubert Salvator erleidet keine Schäden. Die Greinburg, Besitz des deutschen Prinzen Sachsen-Coburg-Gotha wird vollständig devastiert, die Ahnenbilder aus den Fenstern zur Donau hinausgeworfen. Das habsburgische Schloss Wallsee bleibt wiederum unbeschädigt.

Im Künstlerhaus erfuhr man erst Mitte August 1945 von dem traurigen Schicksal der in Albrechtsberg eingelagerten Schätze. Am 22. August 1945 wurde darüber die Sicherheitspolizei informiert und um Nachforschungen gebeten. Dem dieser Meldung beigefügten summarischen Verzeichnis ist zu entnehmen, dass im Frühjahr 1945 noch folgende Kisten nach Albrechtsberg gegangen waren: vier von der Galerie L. T. Neumann (August Eymer) mit 54 Gemälden, einem Teppich, Silberbesteck und 51 Meter Stoff; eine Kiste des Doktors Weiss-Ostborn mit 11 Gemälden, Zeichnungen, Mozartnoten und Silber; eine Kiste des Malers Adolf Wolf Rothenhan mit eigenen Gemälden und Zeichnungen sowie Zeichnungen von Eduard Unger; vier Kisten des Nachlasses vom Maler Anton Reckziegel; zwei Koffer und eine Kiste bezeichnet A. M. (Alfred Milan?) mit persönlichen Utensilien und Möbelstoffen. Insgesamt waren vom Künstlerhaus in Albrechtsberg 30 Kisten.

August Eymer, der für das Künstlerhaus die Transporte organisiert hatte, konnte erst am 14. September 1945 nach Albrechtsberg fahren. Es gelang ihm aber nicht, in das Innere des von sowjetischen Soldaten besetzten Schlosses vorzudringen. So musste man sich im Künstlerhaus mit dem Verlust des gesamten dort eingelagerten Gutes abfinden. Am 6. Oktober 1945 wurde die Versicherung Danubia um die Stornierung(!) der Polizzen ersucht. Am 24. Oktober 1945 wurden alle Privaten, die ihre Sachen mitgeschickt hatten, vom wahrscheinlichen Verlust informiert. Die inzwischen angesetzten Nachforschungen der Gendarmerie Loosdorf blieben ohne Ergebnis, ebenso alle weiteren Schritte des Künstlerhauses und des Herrn Eymer. Auch das in dieser Sache eingeschaltete “Institut für österreichische Kunstforschung des Staatsdenkmalamtes” konnte mit keinen Erfolgen aufwarten. Die Versicherung zahlte natürlich nichts, die Sachen waren nur gegen Feuer und Einbruch versichert gewesen, obwohl gerade der Punkt “Einbruch” ein Streitfall gewesen wäre.

Ein Hoffnungsschimmer erschien im Frühjahr 1947. Bei einer Hausdurchsuchung in Loosdorf konnten einige Kunstwerke sichergestellt werden, darunter das Ölgemälde von Hans Tichy “Zigeunerin” aus der Künstlerhauskiste 148 und ein Genrebild (J. M. Ranftl: “Galilei” ?), ebenfalls aus der Kiste 148. Diese Bilder wurden am 13. Mai 1947 vom Künstlerhaus übernommen. Am 30. Mai 1947 kam noch ein Gemälde von Alois Hänisch zum Vorschein “Museum der Gipsabgüsse”. Auch aus der Kiste 148.

Nun wandte man sich an Kardinal-Fürsterzbischof Dr. Theodor Innitzer und den Bischof von St. Pölten Dr. Michael Memelauer mit der Bitte um Unterstützung. Die Pfarrer der Umgebung von Albrechtsberg sollten von diesem Fund in Kenntnis gesetzt werden, damit sie von der Kanzel aus diesbezüglich die Bevölkerung aufklären. Die Bauern sollten wissen, dass sie mit einem unrechtmäßigen Besitz nichts anfangen könnten, da ja die Bilder allgemein bekannt waren. Sie sollten gebeten werden, die Kunstwerke, die sich eventuell in ihrem Besitz befänden, gegen einen Finderlohn zurückzugeben. Das erhoffte Echo blieb jedoch aus, kein einziges Werk wurde gemeldet.

Dafür wurden am 21. Februar 1949 durch die Magistratsabteilung 7 (Kulturamt) einige weitere bereits 1946(!) sichergestellte Werke dem Künstlerhaus übermittelt, die aus unerklärlichen Gründen damals trotz eindeutiger Künstlerhaus-Besitzvermerke an die Gemeinde Wien gingen und dort liegen blieben. Es handelte sich um ein Selbstbildnis von August George-Mayer (Kiste 152), vier Metallplaketten von Arnold Hartig (Kiste 153) und diverse Bilderreste (Öl auf Leinwand). Darüber hinaus sechs Zeichnungen und Lithographien von Ludwig H. Jungnickel, die noch im Reumannhof deponiert waren. Das war ein Sonderbestand, über den keine Aufzeichnungen gemacht wurden, keine Behörde informiert und keine Versicherung abgeschlossen wurde. Anscheinend gab es nach dem Krieg mit diesem Bestand kaum Probleme, da auch dann nichts Schriftliches festgehalten wurde.

Neue Aufregung entstand im Februar 1950. Als damals in einem Artikel der Tagespresse über die verlorengegangenen Kunstwerke des Künstlerhauses berichtet wurde, meldete sich eine Leserin mit der Nachricht, dass sie in einer Wohnung Gemälde sah, deren Herkunft ihr dubios vorkam. Auf Grund der daraufhin erstatteten Anzeige des Künstlerhauses erließ das Landesgericht für Strafsachen am 22. Februar 1950 den Hausdurchsuchungsbefehl für zwei Wohnungen einer gewissen Anna Baumann. Die Durchsuchung brachte tatsächlich mehrere Kunstwerke zum Vorschein, darunter auch ein Gemälde des Kaisers Franz Josef von Anton Einsle und eine Landschaft von Rudolf Konopa, doch keines dem Künstlerhaus gehörenden Werke.

Der Vorfall war jedoch für die damaligen Verhältnisse in Wien charakteristisch. Anna Baumann, geborene Prochazka, war mit einem Fritz Baumann verheiratet. Baumann war 1944-1945 als Soldat in Berlin Spandau inhaftiert gewesen; er hatte bereits zwölf Vorstrafen wegen Einbruch, Diebstahl und Betrug hinter sich. In der Haft lernte er den Kommunisten Rudolf Gsellmann kennen, mit dem er während eines Luftangriffs auf Berlin fliehen und sich bis nach Wien durchschlagen konnte. Nach Kriegsende im April 1945 wurde Gsellmann Polizeileiter von Stadlau, Fritz Baumann Sektionsleiter der Kommunistischen Partei in Wien 9. Über Gsellmann konnten Fritz und Anna Baumann von der russischen Kommandantur drei(!) LKW kaufen und sie bekamen auch Polizei-Transportscheine. Mit diesen drei Autos begannen die Baumanns Wien mit Lebensmitteln zu beliefern, die sie direkt von den umliegenden Landwirten erwarben. In ihrem Haupteinkaufsgebiet zwischen Tulln und Pöchlarn konnten sie zeitweise auch das aus dortigen Villen und Herrenhäusern durch die lokale Bevölkerung geplünderte Gut erwerben.

1954 entdeckte August Eymer bei einer Versteigerung im Dorotheum eines seiner in Albrechtsberg gelagert gewesenen Bilder. Nachdem er seinen Besitzanspruch nachweisen konnte, wurde ihm das Bild ausgefolgt. Die aufgrund einer neuen Anzeige durchgeführten Nachforschungen der Polizei und der Gendarmerie, auch in Loosdorf, brachten dagegen keine neuen Erkenntnisse. Bis auf einzelne Stücke sollen die gesamten in Albrechtsberg befindlichen Werte tatsächlich durch die Sowjetische Armee vernichtet worden sein; zum Teil mutwillig, zum Teil durch ihre Verwendung als Stallwände und als Brennmaterial. Die nach und nach aufgetauchten Kunstwerke beweisen jedoch, dass nicht nur die Sowjetische Armee Schuld an dem Verschwinden der Werke haben konnte, vielmehr war es die lokale Bevölkerung, die sich in Albrechtsberg bediente.

Mit weiteren Nachforschungen beschäftigte sich erst zwanzig Jahre später Dr. Miklos Szalay. Anlass dazu gaben die Vorbereitungsarbeiten zu einem Bundesgesetz über die Bereinigung der Eigentumsverhältnisse des im Gewahrsam des Bundesdenkmalamtes befindlichen Kunst- und Kulturgutes. Das Gesetz (BGBl. 294) erschien am 14. August 1969. Schon am 20. August 1969 meldete das Künstlerhaus seine Ansprüche. Im Amtsblatt zur Wiener Zeitung vom 2. September 1969 wurde die Liste des sichergestellten und bisher herrenlosen Kunstgutes veröffentlicht. Ihre Durchsicht brachte allerdings eine Enttäuschung: es befanden sich darunter keine mit Sicherheit aus dem Besitz des Künstlerhauses stammenden Werke. Mit dem 31. Mai 1972 zog die Gesellschaft ihre Anmeldung zurück, was die Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland am 8. Juni 1972 bestätigte. Auf den im Gewahrsam des Bundesdenkmalamtes befindlichen Werken befanden sich keine Besitzvermerke des Künstlerhauses.38

Dr. Szalay nahm sich der Sache trotzdem im Herbst 1969 energisch an und besuchte persönlich alle vor Jahren mit Albrechtsberg befassten Behörden und suchte nach Zeitzeugen. Er konnte noch mit August Eymer und mit dem Gendarmerieinspektor Neuspiel sprechen, die im Sommer 1945 gemeinsam in Albrechtsberg waren. Damals wurde ihnen, wie oben berichtet, der Zutritt von sowjetischen Soldaten in das Schlossinnere verwehrt. Sie konnten nur die Schlosskapelle sehen, wo offene Kindersärge und Kinderleichen herum lagen, dazwischen einige Grundbücher aus Lilienfeld. Beim Verlassen des Geländes sahen Eymer und der Gendarm noch einen Soldaten im Gras auf einem Gemälde liegen; das Bild diente ihm als Unterlage. Der Soldat wurde zum Aufstehen(!) bewogen, und das Gemälde, ein Bildnis, mitgenommen. Eymer erinnerte sich weiter, noch Asche und Feuerstellen gesehen zu haben, wo anscheinend vieles verbrannt wurde. Das dürften Teile des Secessionsarchivs gewesen sein (Kiste 151).

So sind nachweisbar einige Kisten aufgebrochen worden, aus denen man Einzelstücke fand; die meisten Kisten fehlen aber zur Gänze. Trotz aller Nachforschungen kann man sich des Eindrucks nicht erwehren, dass vieles unaufgeklärt blieb. Hatten die russischen Soldaten tatsächlich selbst alles vernichtet? Wie kam die lokale Bevölkerung an die Kunstwerke? Nachdem sich nun die russischen Archive und Museen der westlichen Welt mit täglich neuen Überraschungen öffnen, entsteht auch hier die Frage, ob nicht doch einige Kisten komplett nach Russland abtransportiert worden waren. Aus der Künstlerhausgalerie (gestempelt oder mit Klebeetiketten versehen) vermisst man folgende Werke:

Inventarnummer / Autor und Titel / Technik / Kistennummer:
5 Johann M. Ranftl: Mutter mit Kindern, Öl, 150
9 Johann M. Ranftl: Rebhühner, Öl, 148
12 Josef Wildhack: Herrenbildnis, Aquarell, 148
14 Alexander D. Goltz: Maler B. Löffler, Zeichnung, 155
24 Johann M. Ranftl: Windspiel, Öl, 148
28 Alois H. Schram: Deckengemälde, ?, 149
43 Johann M. Ranftl: Falke und Reiher, Öl, 148
51 Josef Brunner: Landschaft, Öl, 155
53 Karl Sterrer: Carl Roth, Zeichnung, 148
55 Peter Kraft: Herrenbildnis, Öl, 148
64 Alexander D. Goltz: Maler Stefan Simony, Zeichnung, 152
66 Alexander D. Goltz: Hans Strohofer, Zeichnung, 152
67 Johann M. Ranftl: Kahnfahrt, Öl, 152
73 August George-Mayer: Maler Josef Brunner, Öl, 155
77 Friedrich Füger: Selbstbildnis, Öl, 148
82 Eduard Ender: Männerbildnis 1843, Aquarell, 155
83 Eduard Ender: Kinderbildnis 1854, Aquarell, 155
84 Eduard Ender: Künstlerbildnis 1855, Aquarell, 148
87 Rudolf Huber: Maler Hermann Giesel 1887, Öl, 148
90 Eugen Felix: Selbstbildnis, Öl, 155
91 Anton Hansch: Landschaft, Öl, 148
94 Johann M. Ranftl: Mutter mit Kindern, Brandruine, Öl, 148
95 Friedrich Amerling: Herrenbildnis 1832, Öl, 150
96 Josef Danhauser: Atelierbild, Öl, 148
97 anonym: Damenbildnis, Öl, 148
98 Josef Danhauser: Architektur, Öl, 150
100 Josef Höger: Landschaft, Öl, 148
101 Wilhelm Pollack: Landschaft 1832, Öl, 155
102 Josef Danhauser: Landschaft, Öl, 148
103 Josef Danhauser (?): Herrenbildnis, Öl, 155
104 Johann M. Ranftl: Frauenkopf, Öl, 148
105 Josef Höger: Landschaft, Öl, 148
106 Josef Danhauser: Herrenbildnis, Öl, 148
107 Karl F. Gsur: Maler A. Hessl, Öl, 148
109 Josef Danhauser (?): Architekturstudie, Öl, 148
110 Josef Höger: Landschaft, Öl, 148
111 Carl Smirsch: Stillleben 1832, Öl, 148
112 Carl Rahl: Kupferstecher Rahl 1834, Öl, 148
113 Josef Danhauser (?): Studienkopf, Öl, 150
114 Johann M. Ranftl: Bauernküche, Öl, 148
116 Johann M. Ranftl: Landschaft, Öl, 150
121 Johann Ender: Kaiser Franz am Totenbett, Aquarell, 155
122 Friedrich Amerling (?): Mädchenkopf, Öl, 155
124 Hans Tichy: Alter Ciocciaro, Öl, 148
137 Franz Anton Maulbertsch: Deckengemälde, Öl, 155
154 Josef Lauser: Vogelnest, Öl, 155
167 26 Porträts der Präsidentengalerie (Sonderverzeichnis), 150
171 Carl Moll: Mödling, Öl, 155

Weiterhin vermisst werden zahlreiche Werke der ebenfalls in Albrechtsberg eingelagerten Secessions-Galerie, darunter Arbeiten von Sergius Pauser, Friedrich von Radler, Hans Tichy, Max Liebenwein, Rudolf von Alt, Artur Brusenbauch, Ernst Eck, Viktor Hammer, Felician von Myrbach, Ernst Stöhr, Wilhelm Dachauer, Ferdinand Kitt, Gustav Klimt, Alois Kolb, Karl Müller, Alfred Offner, Ferdinand Schmutzer und F. M. Zerlacher. Die meisten davon waren in der Kiste 148, einige auch in der Kiste 149.
Acht Schachteln mit dem Secessionsarchiv waren in der Kiste 151. Es handelte sich um:
Karton 1: Baupläne und Grundrisse,
2: Statuten, Hausgeschichte, Mitgliederangelegenheiten, Manuskripte,
3: Bibliotheksinventare, Steuerangelegenheiten, Künstlerfeste,
4: Jahresberichte und Statuten
5: Sitzungsprotokolle, Jurylisten, Protokollbücher,
6: Karikaturen und Skizzenbücher,
10: Mitgliederkorrespondenzen,
15: Theodor von Hörmann-Stiftung.

Die übrigen Archivkartons mit dem Secessionsarchiv waren nicht in Albrechtsberg und blieben erhalten. Sie kamen nach dem Wiederaufbau des Secessionsgebäudes dorthin zurück. Vermisst bleiben weiter viele Werke aus Privateigentum:

In der geplünderten Kiste 153 befanden sich 75 Bronze- und Zinkmedaillen von Arnold Hartig;
in der Kiste 154 Bilder aus dem Eigentum des Künstlerhausdirektors Hans Acherer (Porträt seiner Großmutter Frau Trattnigg, Werke von Heinrich Krause, Viktor Pipal, Carlos von Riefel, Igo Pötsch, R. C. Wagner);
in der Kiste 155 waren neben Künstlerhausbildern noch acht Gemälde des Malers Franz Windhager;
Kiste 156 beinhaltete 40 Temperabilder von Emil Rizek;
Kiste 157 acht Gemälde und zehn Zeichnungen von Anton Kenner;
die Kisten 158 und 159 verwahrten 44 Bilder aus der Sammlung Frau Ida von Preradovic-Noot, darunter Werke von Franz Poledne, Eduard Lichtenfels, Karl Fischer-Köystrand, Fritz Zerritsch, Josef Jungwirth, Gustav A. Hessl, Alphons Mielich, Franz X. Birkinger, Adolf Ditscheiner, Emanuel Baschny, Hans Ranzoni, Paul Joanovitch, Anton Schrödl, Josef Straka und Eduard Zetsche;
Kiste 160 beinhaltete Gemälde aus dem Besitz des Obersten Fritz Becker: zwei Bilder von Rudolf Böttger, vier von Fritz Rojka, drei von Adolf Curry, zwei von Hugo Darnaut, eines von Hans Larwin und drei von Albert Ritzberger;
in der Kiste 161 waren 19 Werke und ein Paket mit Zeichnungen von Hans Frank, sowie hundert Graphiken einer Privatsammlung mit Gustav Klimt, Max Klinger, Switbert Lobisser, Max Svabinsky;
in der Kiste 162 ein Gemälde “Ruhende Frau” von Ekke Ozlberger;
in der Kiste 163 sieben Gemälde von Rudolf H. Eisenmenger;
in der Kiste 164 fünf Städtebilder aus dem Besitz der Girozentrale: Erwin Puchinger: Wien, Siegfried Stoitzner: Krems, Franz X. Weidinger: Linz, Rudolf Böttger: Salzburg, Ernst Nepo: Innsbruck.

Eine in den letzten Kriegsmonaten 1945 vorbereitete Sendung aus dem Besitz des Ing. Rudolf Haybach mit eigenen Werken sowie Werken von Bartholomäus Stefferl, Ernst August Mandelsloh, Oskar Laske, Ferdinand Kitt, Albert Paris Gütersloh, Ludwig H. Jungnickel, Josef Dobrowsky und Franz Zülow sowie aus dem Besitz von Karl Ludwig Prinz (80 eigene Gemälde) ging nicht mehr nach Albrechtsberg, blieb allem Anschein nach im Keller des Künstlerhauses bzw. im Reumannhof liegen und ging demnach nicht verloren.

Was alles an Wertgegenständen im Künstlerhaus während des Zweiten Weltkrieges deponiert war, lässt sich mangels näherer Aufzeichnungen nicht mit Sicherheit feststellen. Die Keller- und Souterrainräume mussten auf jeden Fall trotz der Auslagerungen voll gewesen sein. Neben den Werken der eigenen Hausgalerie, die man nicht für wert gefunden hatte zu verlagern, waren hier noch Bestände aus der Secession und anderer Künstlervereinigungen, etwa der Gemeinschaft, der alten Tochterorganisationen der Genossenschaft, einiger befreundeter Vereinigungen wie etwa der Ex-Libris Gesellschaft, sowie Privateigentum zahlreicher Mitglieder untergebracht. Manche Mitglieder begannen bereits zu Kriegsbeginn ihr Eigentum ins Künstlerhaus zu tragen, nachdem sie zur Wehrmacht einberufen worden waren und ihre Ateliers räumen mussten. Andere brachten ihr wertvolleres Eigentum aus Angst vor Luftangriffen hierher; wieder andere konnten nur noch Reste ihrer ausgebombten Wohnungen und Ateliers im Künstlerhaus deponieren. Auch Werke von Ludwig H. Jungnickel, der sich im Ausland befand, waren hier untergebracht, sowie weiterer “entarteter” Künstler, die Leopold Blauensteiner auf diese Weise dem Zugriff der Gestapo entzog (Oskar Kokoschka, Egon Schiele, Carry Hauser).39 Alle diese Bestände gingen nach Kriegsende 1945 an die Eigentümer zurück.

Das große Ende der Künstlerhausgalerie begann wie bereits erwähnt, erst unter der Präsidentschaft von Hans Mayr durch die Folgen des finanziellen Ausgleichs von 1977 und durch die Gründung der Künstlerhaus-GesmbH. Der Ausgleich weckte das Interesse der Verantwortlichen an der Hausgalerie als Vermögensanlage. Ein großer Teil dieses Vermögens wurde einige Jahre später als Sacheinlage in die Künstlerhaus-GesmbH. eingebracht. Nachdem viele der besseren Werke aus taktisch-politischen Gründen zuerst diversen öffentlichen Institutionen in Österreich und Deutschland, Bundesministerien, Botschaften, Museen, Galerien und Banken als Leihgaben zur Verfügung gestellt wurden, kam es bald zu immer größer werdenden Verkäufen, auch der dann von den enttäuschten Leihnehmern zurückverlangten Leihgaben. Manche, nicht zurückverlangte Leihgabe blieb bis heute noch bei den Leihnehmern bzw. ihren Nachfolgeorganisationen. Ihre Evidenz ist durch die politische und wirtschaftlich-turbulente Umstrukturierung bzw. Entwicklung der letzten Jahrzehnte sowie durch den Personalwechsel im Künstlerhaus jedoch äußerst schwierig geworden. Demgegenüber melden sich manche Institutionen, die dem Künstlerhaus gehörende Werke besitzen, im Rahmen der aktuellen Provenienzforschung beim Künstlerhaus selbst.

Bis 1991 war praktisch der gesamte bedeutende Bestand der ehemaligen Hausgalerie – zum Großteil an einen einzigen privaten Wiener Kunstsammler – verkauft. Die erzielten Erlöse – durch Verhandlungsgeschick des Präsidenten Mayr lagen sie fast ausschließlich an der damals erreichbaren oberen Grenze der Schätzwerte40 – wurden als Sacheinlage in die GesmbH. eingebracht und zur Sanierung des laufenden Budgets verwendet. Von diesem Sammler und einigen weiteren Käufern gelangten die ehemals hauseigenen Kunstwerke bald wieder in den Handel. Häufige Anfragen an das Künstlerhausarchiv über deren Provenienz sind die – für den Archivar äußerst lästige und zeitraubende Nachforschungen erfordernde – Folge.

Von einem besonderen moralischen Tiefpunkt der Hausgeschichte zeugt der Verkauf der Stiftergemälde im Jahr 1991: Porträts von Männern, die das Haus durch ihren finanziellen Beitrag – meist 3000 fl. – erbaut und durch Jahrzehnte erhalten haben. Dem in das Zentraldepot des Wiener Stadt- und Landesarchivs Kandlgasse ausgelagerten Archivar, der von diesem Verkauf erst durch einen nach mehr Hintergrundinformation suchenden Käufer selbst erfuhr, gelang es im letzten Moment nur noch drei Bronzetafeln und einige weitere Hausreliquien knapp vor ihrem Abtransport zu retten. Der 1996 vom Geschäftsführer Dipl.Ing. Mag. Dr.rer.soc.oec. Walter Meissner erwogene Rückkauf der Stifterbildnisse scheiterte an den damals noch stark divergierenden Preisvorstellungen des Sammlers und des Künstlerhauses. Erst nach 2000 wurden dann einige Bildnisse vom seinerzeitigen Käufer über das Dorotheum dem Künstlerhaus doch wieder angeboten und durch die Initiative von Mag. Peter Bogner zurückgekauft, aus purem Idealismus des Sammlers – nachdem sie am freien Kunstmarkt unverkauft geblieben waren, nun sogar weit unter dem seinerzeit von ihm bezahlten Preis. Im Haus wurden aus Platzmangel allerdings nur wenige aufgehängt, die meisten befinden sich seitdem wieder in einem Souterraindepot des Künstlerhauses.

Die restlichen, aus dem Zusammenhang gerissenen und nicht mehr an das Künstlerhaus zurückgelangten Porträts tauchen im Kunsthandel fallweise immer wieder auf. Dass es aber auch noch 2007 an Geschichtsbewusstsein vieler Künstlerhausmitglieder mangelt, zeigt ein ernstgemachter Vorschlag die Kaiserbildnisse von J. M. Aigner zu Gunsten der zeitgenössischen Kunst zu verkaufen. Das von 1865 stammende Architekturmodell des Künstlerhauses, das damals dem Kaiser und den Stiftern präsentiert wurde, wollte eine Künstlerin kurz vorher für ihre “Installation” verwenden.

Obwohl es heute an einem sicheren Depot im Haus mangelt, beginnt sich die Hausgalerie wieder langsam zu füllen. Zahlreiche Mitglieder nützen die Gelegenheit, ihre – obwohl immer noch relativ sehr niedrigen – Jahresbeiträge durch Kunstwerke ihrer Hand zu begleichen.

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