Um die Mitgliederverluste der Jahre 1938-1945 auszugleichen, begann man im Frühjahr 1946 mit einer neuen Werbeaktion. Am 16. April 1946 wurde die Bildung einer vierten Sektion für Kunsthandwerker beschlossen – damals jedoch aus Mangel an Interessenten nicht in die Praxis umgesetzt. Als ernstes Problem wurde die Altersstruktur der Mitglieder angesehen, eine Verjüngung war dringend notwendig. In diesem Zusammenhang entstanden auch mehr oder minder kuriose Vorschläge, wie etwa eine Aufnahmesperre für Künstler über sechzig Jahre. Auf der anderen Seite fühlte man sich einem gewissen Qualitätsniveau verpflichtet und schlug die wieder einmal erörterte Aufnahme von Akademiestudenten ab.1
Mit der allgemeinen Besserung der wirtschaftlichen Lage gegen Ende der vierziger Jahre begann sich das Klima des Wiener Kulturlebens – ähnlich wie 1919 – wieder stark zu radikalisieren. Es entstanden neue Künstlervereinigungen, die aus den verschiedensten Ursachen in Opposition zu den alteingesessenen standen und diese Opposition lautstark verkündeten. Das führte im Künstlerhaus zum Erinnern an die einige Jahrzehnte alte Statutenbestimmung, wonach nicht nur Doppelmitgliedschaften, sondern auch Teilnahmen an fremden Ausstellungen unerwünscht waren. Obwohl es sich im Grunde genommen um einen Akt der Selbstverteidigung handelte, sahen dies manche Mitglieder als Beschneidung ihrer selbstangenommenen “Rechte” an. Einer der heftigsten Gegner dieser Bestimmung war der Maler Paul Meissner, der daraufhin am 11. Juni 1951 aus dem Künstlerhaus austrat – um wieder am 8. April 1981 als Ehrenmitglied zurückzukehren. Meissner hatte damals enge persönliche Freunde in der Secession und war spätestens seit Juni 1951 nachweislich Mitglied; in den Jahren 1954-1958 und 1960-1965 sogar ihr Präsident.
Manchen Künstlern in anderen Vereinigungen wurde dieser Radikalismus ohne einer entsprechenden materiellen Basis allerdings öfters auch zu viel; sie zeigten Interesse am Übertritt in das ruhigere, wenn auch “verpönte” Künstlerhaus. Um ihnen diesen Wechsel zu erleichtern, wurde hier das damals sonst immer noch langwierige Aufnahmeverfahren bis auf Entscheidungen der Ausstellungskommission und des Ausschusses verkürzt.2 So wurde etwa Anfang September 1952 bekannt, dass das Secessionsmitglied der Maler Karl Josef Gunsam gerne Mitglied des Künstlerhauses wäre. Am 16. September 1952 war damit der Leitende Ausschuss einverstanden, am 29. September die Ausstellungskommission, am 1. Oktober 1952 stellte Gunsam das förmliche schriftliche Ansuchen, am 6. Oktober 1952 bekam er die Bestätigung über bereits erfolgte Aufnahme.
Als man aber dieses „Schnellverfahren“ dann auch in den Statuten verankern wollte, ergab sich darüber in der Hauptversammlung am 27. Juni 1955 eine heftige dafür und dagegen Debatte. Schließlich wurde die allgemeine Aufnahmepraxis doch gelockert; prominente und bekannte Künstler konnten, unabhängig von ihrer bisherigen Mitgliedschaft, nach den Beschlüssen der Ausstellungskommission und des Ausschusses in die Gesellschaft aufgenommen werden. Das Warten auf eine Hauptversammlung entfiel also, ebenso war die bisher vorgeschriebene Teilnahme an Künstlerhausausstellungen nicht mehr notwendig. Ein früher über die Anmeldungen beratendes Mitgliederaufnahmekomitee gab es ohnehin seit Jahren nicht mehr.
Ein besonderer Vorteil des Künstlerhauses war, dass es über eine Infrastruktur verfügte, die anderen Vereinen fehlte. Daneben zählte das Künstlerhaus bei den Behörden und Firmen immer als eine seriöse und verlässliche Vereinigung, mochte die radikale Presse schreiben was sie wollte. Die Auftragsvermittlungen durch die Gesellschaft stiegen wieder; im Sekretariat und im Ausschuss wusste man von jedem Mitglied, in welchem Fach es am liebsten arbeitete. So konnte man Interessenten und potentielle Kunden, die sich an das Künstlerhaussekretariat wandten, rasch beraten und ihnen Namen von Porträtisten, Tiermalern oder Medailleuren mitteilen; man wusste, wer von den Mitgliedern Papier restaurierte und wer in Bronze gießen konnte, wer Steinmetz war und wer Fresken malen oder restaurieren konnte. Dieses Service schätzten alle Kollegen. Auf einer großen Wandtafel konnte außerdem jeder seine Anliegen vorbringen und inserieren.
In der Ausschusssitzung am 11. Juni 1955 wurde beschlossen, dass alle Familienangehörigen der Mitglieder freien Eintritt in alle hauseigenen Ausstellungen haben; nicht jedoch in Vermietungen. Aus Kostengründen hatten sich zu dieser Zeit die kommerziellen Vermietungen gemehrt, was Rudolf H. Eisenmenger am 16. März 1956 zu der Feststellung veranlasste, dass das Künstlerhaus immer mehr die Form eines Geschäftshauses annimmt.